Am 1. November 2024 fand im Brockenhaus in der Brüder Grimm Stadt Hanau das jährliche Treffen der örtlichen Präventionsgremien mit dem Landespräventionsrat Hessen statt, bei der sich zahlreiche Fachleute und Vertreter aus verschiedenen Bereichen der Sicherheits- und Kriminalprävention zusammenfanden. Diesmal stand der Austausch über aktuelle Entwicklungen und Ansätze im Bereich der städtebaulichen Kriminalprävention im Mittelpunkt der Veranstaltung, die von der Vorsitzenden des Landespräventionsrates, Frau Kreis, eröffnet wurde.
Veranstaltung
Treffen der örtlichen Präventionsgremien mit dem Landespräventionsrat Hessen
Frau Kreis begrüßte die Teilnehmenden und betonte in ihrer Ansprache die Bedeutung des Dialogs zwischen den unterschiedlichen Präventionsakteuren und die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Zusammenarbeit im Rahmen der kommunalen Kriminalprävention. Sie hob hervor, dass Prävention nur dann erfolgreich sein kann, wenn alle relevanten Akteure, von Kommunen über die Polizei und Staatsanwaltschaften bis hin zu sozialen Einrichtungen, zusammenarbeiten und sich aktiv in die Sicherheitsgestaltung vor Ort einbringen. Dieser Aufgabe widmet sich der Landespräventionsrat Hessen seit seiner Gründung vor mehr als 30 Jahren in besonderer Weise.
Sicherheit und Sichtbarkeit – Ein Zusammenspiel im Verbund
Im Anschluss an die Begrüßung richtete die Stadträtin der Stadt Hanau, Frau Hemsley, das Wort an die Teilnehmenden. Sie betonte den Zusammenhang von Sicherheit der Bürger und der Sichtbarkeit der Ordnungskräfte, wie dies in Hanau bereits seit Jahren nach dem Hanauer Modell erfolgreich praktiziert werde. Sicherheit sei also zum einen eine Frage der Präsenz von Polizei oder Sicherheitskräften, und gleichzeitig auch der sozialen Wahrnehmung und des Austauschs zwischen den Bürgerinnen und Bürgern sowie den institutionellen Akteuren.
Ein wichtiger Aspekt, den Frau Hemsley hervorhob, war die Bedeutung von Netzwerken und die Zusammenarbeit unterschiedlicher Partner, um eine nachhaltige und langfristige Sicherheitsarchitektur zu entwickeln. „Sicherheit geht nur im Verbund“, so die Stadträtin, die die Bedeutung von Kooperationen im Rahmen der kommunalen Prävention unterstrich.
Hanau als KOMPASS-Standort und ausgezeichnete kinderfreundliche Kommune
Dr. Maximilian Bieri, Bürgermeister der Stadt Hanau, sprach in seiner Rede über die Rolle der Stadt Hanau als KOMPASS-Standort. Im Jahr 2022 wurde der Stadt Hanau im Rahmen der Sicherheitsinitiative KOMPASS das Sicherheitssiegel des Landes Hessen als Würdigung für das besonderes Engagement in der kommunalen Kriminalprävention verliehen. Ziel der Sicherheitsinitiative ist es, durch eine verstärkte Zusammenarbeit kommunaler Partner und der hessischen Polizei für mehr Sicherheit vor Ort zu sorgen. Der Bürgermeister verdeutlichte, dass gerade junge Menschen eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der Stadtpolitik spielen. Ein sicheres Umfeld für Kinder und Jugendliche sei von entscheidender Bedeutung für eine stabile Gesellschaft und müsse durch gezielte Maßnahmen in der Stadtplanung sowie durch Angebote der sozialen Arbeit unterstützt werden. Dies sei in Hanau gelungen - Hanau trägt seit dem vergangenen Jahr das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ dauerhaft.
Wissenschaftliche Perspektiven auf Kriminalitätsfurcht und Sicherheitsgefühl
Nach den politischen Eingangsreden folgte ein wissenschaftlicher Blick auf die Themen Kriminalitätsfurcht und Sicherheitsgefühl durch Dr. Herden und Herrn Pfeiffer von der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sie präsentierten Forschungsergebnisse und erläuterten, wie unterschiedlich Menschen in verschiedenen sozialen Kontexten auf das Thema Sicherheit reagieren. Ihre Untersuchung zeigte auf, dass das Gefühl der Bedrohung und der wahrgenommenen Unsicherheit in verschiedenen Stadtteilen erheblich variieren kann und eng mit sozialen und städtebaulichen Faktoren verbunden ist. Ebenso hänge die Unsicherheit von vielen individuellen und gesellschaftlichen Faktoren ab. In Umfragen habe sich wiederholt gezeigt, dass Frauen und ältere Menschen stärker zu Unsicherheit neigen bzw. Unsicherheit eher äußern. Paradoxerweise würde diese Personengruppen in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) weniger häufig als Opfer registriert (sog. „Kriminalitätsfurchtparadoxon“). Herr Dr. Herden und Herr Pfeiffer stellten ebenso erste Ergebnisse ihrer aktuellen, randomisierten Kontrollstudie zum Einfluss von Polizeipräsenz auf das Sicherheitsgefühl und die polizeilich registrierte Kriminalitätslage dar.
Städtebauliche Kriminalprävention: „Gestalten und Schützen“
Herr Wünschmann, Leiter des Ordnungsamtes der Stadt Hanau, nahm in seiner anschließenden Präsentation die Vorschläge der Wissenschaftler auf und stellte die konkreten Maßnahmen der Stadt Hanau im Rahmen der städtebaulichen Kriminalprävention vor. Unter dem Motto „Gestalten und Schützen“ werden in Hanau seit Jahren städtebauliche Projekte umgesetzt, die sowohl präventiv als auch schützend wirken. Die Verbesserung der Beleuchtung dort, wo Angsträume identifiziert werden sowie verstärkte Präsenz der Ordnungskräfte und Kontrolle durch den Einsatz von Videoschutzanlagen sollen dazu beitragen, das Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken und gleichzeitig potenziellen Straftätern signalisieren, dass kriminelle Handlungen weniger unbemerkt bleiben können.
Herr Wünschmann dokumentiert diese positive Entwicklung unter anderem mit der Umgestaltung von problematischen Plätzen wie dem Gelände an der Wallonisch-Niederländische Gemeinde zu einem gut beleuchteten, offenen und transparenten Raum. „Wir gestalten die Stadt so, dass sie sicherer wird, und schützen die Bürger vor potenziellen Gefährdungen“, erklärte Leiter des Ordnungsamtes. Dabei sei es entscheidend, dass die Maßnahmen nicht isoliert, sondern in einem umfassenden Netzwerk von Akteuren und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger entwickelt werden. Damit betonte er die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger aus der eine gemeinsame Verantwortung für das Gemeinwesen entstehen könne.
Partizipation und Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg
Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer regen Aussprache unter den Teilnehmenden. Ein zentrales Thema, das immer wieder angesprochen wurde, war die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger. Nur wenn die Menschen vor Ort in die Sicherheitsmaßnahmen und die Planung von Präventionsprojekten einbezogen werden, könne eine nachhaltige Veränderung erzielt werden. Dies unterstrichen sowohl die Vertreter der Kommunen als auch die wissenschaftlichen Fachleute.
Ein weiterer wichtiger Punkt war die Erkenntnis, dass städtebauliche Kriminalprävention nur dann erfolgreich ist, wenn sie auf einer gründlichen Analyse der Vor-Ort-Bedingungen basiert und stets im Verbund mit allen Beteiligten durchgeführt wird. Diese Erkenntnis bildet die Grundlage für künftige Maßnahmen, die über die bloße Prävention von Kriminalität hinausgehen und zu einer stärkeren und sichereren Gemeinschaft führen sollen.
Die Fachtagung zeigte einmal mehr, dass der Schlüssel zu einer sicheren und lebenswerten Stadt in der aktiven Zusammenarbeit aller relevanten Akteure – vom wissenschaftlichen Bereich über die Verwaltung bis hin zu den Bürgern – liegt. Nur gemeinsam können nachhaltige Lösungen für mehr Sicherheit und ein stärkeres Sicherheitsgefühl entwickelt werden.